Verfahrensinformation

Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister bei Gefährdungen aus beruflicher Tätigkeit


In zwei parallelen Verfahren begehren die Kläger jeweils die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister. Sie seien infolge ihrer beruflichen Tätigkeit in einer besonderen Abteilung einer Aufsichtsbehörde des Bundes gefährdet. Die Meldebehörde der Beklagten lehnte die Anträge ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Eintragung der Sperre gerichteten Klagen abgewiesen. Es handele sich lediglich um abstrakte berufsgruppentypische Gefahren, die nur in besonderen, hier nicht gegebenen Ausnahmefällen für eine Meldesperre genügten. Die Berufung der Kläger hatte jeweils Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht sah die Anforderungen für die Eintragung der Sperre im Melderegister als erfüllt an. Der Gesetzgeber habe mit den Änderungen in § 51 Abs. 1 des Bundesmeldegesetzes eine Modifizierung der bisherigen Rechtslage für abstrakte Gefahren aus beruflicher Tätigkeit vorgenommen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte jeweils die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Urteile. Sie macht geltend, die Gesetzesänderung habe - anders als vom Berufungsgericht angenommen - lediglich der Klarstellung gedient. Sie führe nicht zu erleichterten Anforderungen für die Eintragung einer Auskunftssperre bei den in Rede stehenden Gefahren.


Pressemitteilung Nr. 85/2025 vom 05.11.2025

Auskunftssperre im Melderegister bei Gefährdung aus beruflicher Tätigkeit

Die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister verlangt eine individuelle Gefahrenprognose, die auch die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis in den Blick nimmt, der sich aufgrund seiner beruflichen oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit allgemein in verstärktem Maße Anfeindungen oder sonstigen Angriffen ausgesetzt sieht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die beiden Kläger begehren die Eintragung einer Melderegistersperre wegen einer Gefährdung, die sie mit ihrer beruflichen Tätigkeit in einer besonderen Abteilung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begründen. Die Abteilung ermittelt regelmäßig in Fällen organisierter Kriminalität, der Terrorismusfinanzierung und im Reichsbürgermilieu. Die Kläger machen unter Hinweis auf mehrere Vorfälle geltend, allen in dieser Abteilung Beschäftigten drohten ohne Ansehung der konkreten Person Gefahren für Leben und Gesundheit, die von Adressaten der behördlichen Maßnahmen ausgingen. Die Meldebehörde der beklagten Bundesstadt Bonn lehnte die Anträge ab. Die Klagen blieben vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Hingegen hatten die Berufungen der Kläger Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht sah die Anforderungen für die Eintragung der Sperre im Melderegister als erfüllt an.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die von der Beklagten eingelegte Revision in beiden Verfahren zurückgewiesen. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass zugunsten der Kläger eine Auskunftssperre im Melderegister einzutragen ist.


§ 51 Abs. 1 Satz 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) verlangt eine auf objektiv feststellbare Tatsachen gestützte Gefahrenprognose, die die individuellen Verhältnisse der konkreten Person in den Blick nimmt. Es muss bei vernünftiger Würdigung dieser Tatsachen die Besorgnis bestehen, dass dem Betroffenen durch die Melderegisterauskunft eine Beeinträchtigung der im Gesetz genannten Rechtsgüter droht. Zu dem insoweit relevanten Tatsachenmaterial gehört - wie die gesetzliche Neuregelung in § 51 Abs. 1 Satz 3 BMG verdeutlicht - auch die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis, der sich aufgrund seiner beruflichen oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit allgemein in verstärktem Maße Anfeindungen oder sonstigen Angriffen ausgesetzt sieht. Hierfür bedarf es hinreichend dichter Tatsachenfeststellungen, die belegen, dass aufgrund von in Einzelfällen bestehenden bzw. schon verwirklichten konkreten Gefährdungen der Schluss auf eine konkrete Gefährdung auch des Betroffenen gerechtfertigt ist. Es ist jedoch nicht erforderlich, empirisch erhobene Nachweise oder Statistiken für die Vergleichbarkeit der Gefährdungslage vorzulegen.


Das abweichende Verständnis des Oberverwaltungsgerichts, das auf einen bloßen Gefahrenverdacht abstellt und abstrakte berufsgruppentypische Gefährdungen aus dem Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Satz 1 BMG herausnimmt, steht mit den gesetzlichen Regelungen nicht in Einklang. Im Ergebnis rechtfertigen jedoch die von dem Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen die Besorgnis, dass den Klägern wegen ihrer beruflichen Tätigkeit in der genannten Abteilung der BaFin infolge einer privaten Personen erteilten Melderegisterauskunft eine Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit droht.


BVerwG 6 C 1.24 - Urteil vom 05. November 2025

Vorinstanzen:

VG Köln, VG 25 K 47/19 - Urteil vom 03. Dezember 2021 -

OVG Münster, OVG 19 A 40/22 - Urteil vom 29. November 2023 -

BVerwG 6 C 2.24 - Urteil vom 05. November 2025

Vorinstanzen:

VG Köln, VG 25 K 636/19 - Urteil vom 03. Dezember 2025 -

OVG Münster, OVG 19 A 41/22 - Urteil vom 29. November 2023 -